Zwischen Achim Lamprich* und seinem Rechtsanwalt liegen 800 Kilometer. Lamprich stört das nicht. Der Rettungssanitäter aus dem Allgäu hat ein Schuldenproblem. Er suchte vor kurzem im Internet nach Hilfe.
Über eine Google-Suche gelangte der 25-Jährige auf die Internetseite einer Hamburger Kanzlei, die Schuldnern Hilfe verspricht. Das Angebot und die ersten Telefonate überzeugten ihn.
Den Anwalt muss Lamprich natürlich bezahlen. Bei anerkannten Schuldnerberatungsstellen hätte er kostenlos Hilfe bekommen können. Aber nach einem Termin bei der örtlichen Beratungsstelle fühlte er sich mit oberflächlichen Ratschlägen „abgefrühstückt“.
Der Anwalt von Achim Lamprich verhandelt nun für ihn mit den Gläubigern. Läuft alles nach Plan, ist er mithilfe seines Anwalts in einigen Jahren schuldenfrei.
Die Fernbeziehung zwischen Lamprich und seinem Rechtsbeistand klappt, weil alles Nötige per E-Mail, Telefon und Post geklärt werden kann. Dass er mit seinem Anwalt nicht unter vier Augen reden kann, ist Lamprich egal.


Die Anwaltssuche übers Internet ist inzwischen verbreitet. Das zeigt die Leserumfrage auf unserer Internetseite test.de, in der uns knapp 1200 Menschen von ihrer Suche nach einem Anwalt berichteten (siehe Grafik): Menschen, die noch keinen Anwalt kennen oder von Bekannten empfohlen bekommen, suchen gern online. Suchmaschinen wie Google nutzen 15 Prozent, spezielle Anwaltsportale 3 Prozent der Umfrageteilnehmer.
Der erste muss nicht der beste sein
Eine Onlinesuche ist bequem, denn auf den Seiten der Anwälte stehen oft schon Öffnungszeiten und Informationen zur Qualifikation. Doch sie hat auch Tücken.
Nicht alle Anwälte sind übers Netz zu finden. Und der Jurist, den die Suchmaschine an erster Stelle nennt, muss nicht automatisch gut sein.
Anwälte können auf ihrer Internetseite Schlüsselwörter geschickt platzieren. Dann landen sie in der Trefferliste weit vor der Konkurrenz, wenn jemand über Google sucht. Außerdem können sie bei Google Anzeigen schalten. Damit tauchen sie noch über den Suchtreffern auf. Der Anwalt von Achim Lamprich hat sich so einen prominenten Platz bei Google gesichert.
Kunden legen Wert auf Fachanwälte
Anwaltsportale sind eine Alternative zu Suchmaschinen. Finanztest hat einige unter die Lupe genommen (siehe Tabelle). Gute Portale listen viele Rechtsanwälte in ihrer Datenbank und erlauben die direkte Suche nach einem Fachanwalt.
Der Fachanwalt ist ein von den Rechtsanwaltskammern verliehener Titel. Die Bezeichnung dürfen nur Rechtsanwälte führen, die in bestimmten Rechtsgebieten besondere praktische und theoretische Erfahrungen nachgewiesen haben.
Wie sich in unserer Leserumfrage zeigt, legen Rechtsuchende viel Wert auf die Zusatzausbildung (mehr zum Fachanwalt). Auch Achim Lamprich achtet auf diesen Titel. Als er jüngst Hilfe für seine Freundin suchte, die sich von einem Arzt falsch behandelt fühlte, suchte er explizit nach einem Fachanwalt für Medizinrecht.
Anwaltsportal mit großer Datenbank
Ein gutes Suchportal ist zum Beispiel Anwaltauskunft.de, eine Seite des Deutschen Anwaltvereins. Mehr als 40 Prozent der rund 160000 zugelassenen Rechtsanwälte sind dort gelistet.
Das ist allerdings mehr, als es sich anhört. Denn viele bei Banken und Versicherungen angestellte Juristen sind zwar als Anwalt zugelassen, nehmen aber neben ihrem Hauptjob keine Mandate an und fehlen schon deswegen in der Datenbank.
Die Internetseite der Anwaltauskunft hat in unserem kleinen Test die meisten Treffer ausgeworfen. Die Suchmaske ist sehr übersichtlich gestaltet. Nutzer können im Umkreis einer Postleitzahl nach einem Rechtsberater in der Nähe suchen. Die Kontaktdaten – Telefon, Fax und E-Mail-Adresse – werden genannt.
Zwar stehen auf der Webseite von Anwaltauskunft.de keine Anwaltsporträts wie bei Anwalt24.de oder Anwalt.de. Aber Anwaltauskunft.de verlinkt auf die Internetseiten der Rechtsanwälte. Dort erfahren Nutzer mehr über die Person.
Nach einer Suchanfrage nennt Anwaltauskunft.de maximal zehn Anwälte. Gibt es am angegebenen Ort mehr als zehn Juristen, wird nach dem Zufallsprinzip gelistet. Kein Anwalt wird privilegiert.
Auf Suchportalen wie Anwalt24.de stehen hingegen Anwälte, die für ihren Eintrag bezahlt haben, vor denjenigen mit kostenlosem Eintrag. Das sollten die Nutzer dieser Seiten im Hinterkopf behalten. Wer viel Geld fürs Marketing ausgibt, ist nicht zwangsläufig ein besserer Rechtsbeistand.
Auf der Suche nach qualifiziertem Rat

Natürlich will jeder einen möglichst qualifizierten Anwalt. Laut unserer Leserumfrage verlassen sich viele auf die persönliche Empfehlung von Freunden. Dagegen ist an sich nichts zu sagen. Es spricht für ordentliche Arbeit, wenn ein Anwalt für einen Freund zuverlässig gearbeitet hat, ihn regelmäßig über den Stand der Dinge informiert und Fristen eingehalten hat.
Das allein sollte aber noch nicht den Ausschlag geben. Denn vielleicht hatte der Freund ein ganz anderes rechtliches Problem. Weitere Recherchen sind sinnvoll: Wichtige Informationen zur Kompetenz des Anwalts können auf dessen Internetseite stehen. Außerdem können Kunden den Anwalt vor Beginn der Beratung nach seinen Erfahrungen fragen.
Arbeitsprobe auf Frag-einen-anwalt.de
Etliche Leser berichten, dass sie sich auf Frag-einen-anwalt.de nach einem Anwalt umschauen. Dort geben Anwälte online Rechtsrat. Die Antworten sind für jeden einsehbar.
Einige Leser stellen dort ihre Rechtsfrage oder beauftragen die dort tätigen Anwälte direkt, wenn sie eine Antwort kompetent fanden und ein ähnliches Problem haben. Auch dieser Weg kann bei der Anwaltssuche zum Erfolg führen.
Wenige dürfen sich Spezialist nennen
Rechtsanwälte, die sich etwa auf ihrer Internetseite oder Visitenkarte als „Spezialisten“ bezeichnen, gibt es nicht viele. Denn die Anforderungen sind streng. So darf sich als Spezialist nur bezeichnen, wer erheblich mehr Erfahrung als ein Fachanwalt hat. Der „Spezialist für Verkehrsrecht“ muss also nicht nur Jahre, sondern eher Jahrzehnte Verkehrsteilnehmer beraten haben.
Sehr viel häufiger nennen Rechtsanwälte in Anwaltsportalen und auf ihren Internetseiten Interessens- und Tätigkeitsschwerpunkte. Die Bezeichnung beruht allerdings auf Selbsteinschätzung.
Anders als beim Fachanwaltstitel wird der Schwerpunkt von keiner Stelle verliehen oder geprüft. Das bedeutet: Wer die Wahl zwischen einem Anwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht und einem Fachanwalt für Arbeitsrecht hat, verlässt sich im Zweifel besser auf den Fachanwalt.
Es gibt allerdings nicht für alle Rechtsgebiete einen Fachanwalt, sondern derzeit nur für 20 Fachthemen (Qualifikation „Fachanwalt“). Am weitesten verbreitet ist der Fachanwalt für Arbeitsrecht, rund 9000 Anwälte dürfen diesen Titel tragen.
Einen Fachanwalt für den Ärger rund ums Auto gibt es zum Beispiel nicht. Jürgen Mehlem ist deshalb so vorgegangen: Der 40-jährige Polizist aus Wachtberg bei Bonn hatte jüngst Ärger mit einem Gebrauchtwagenhändler, weil dieser einen Mangel am Fahrzeug nicht reparieren wollte. Im Internet suchte Mehlem daher nach einem „ADAC-Vertragsanwalt“. Davon gibt es 650 in Deutschland.
Anwalt für „Lebensbereich Auto“
Der ADAC verleiht den Namen Vertragsanwalt nach eigenen Kriterien. Rechtsärger rund um den Autokauf gehört nach Angaben des ADAC zur Kompetenz der Vertragsanwälte. Mehlem konnte sich dann auch mithilfe des Anwaltes durchsetzen.
Aber auch ein Fachanwalt für Verkehrsrecht ohne den ADAC-Titel sollte solch ein Problem lösen können.
Jürgen Mehlem hat über Google gesucht. Er hätte aber auch die Internetseite Anwaltauskunft.de aufrufen können. Neben der Abfrage nach Fachanwälten können Nutzer dort auch nach Rechtsberatern für „Lebensbereiche“, etwa für „Auto und Verkehr“, suchen.
Ob der Anwalt für „Auto und Verkehr“ wirklich Ahnung auf dem Gebiet hat, prüft aber niemand. Solche Angaben beruhen auf der Selbsteinschätzung der Anwälte.
Vorsicht mit Anwaltsbewertungen
Internetportale wie Anwalt.de veröffentlichen Bewertungen zu den Anwälten in ihrer Datenbank. Doch Nutzer sollten bei der Anwaltssuche nicht allzu viel auf die Anwaltsbewertungen geben.
Die Betreiber von Anwalt.de legen die Bewertung durch einen Mandaten immer erst dem betroffenen Rechtsanwalt vor. Dieser entscheidet dann, ob sie veröffentlicht wird. Daher gibt es dort auch kaum negative Kommentare. In Berlin und München findet man keinen Rechtsanwalt mit weniger als 4 von 5 möglichen Punkten.
Anwalt vom Rechtsschutzversicherer
Kunden mit Rechtsschutzversicherung bekommen im Schadensfall vom Versicherer am Telefon oft einen Anwalt empfohlen. Dieser Tipp muss nicht schlecht sein. Auch die Partneranwälte der Versicherer tragen oft einen Fachanwaltstitel.
In unserer Umfrage gab etwa jeder vierte Teilnehmer mit Rechtsschutzversicherung an, dass er sich schon einmal auf die Empfehlung eingelassen hat. 67 Prozent davon waren am Ende mit der Arbeit des Anwalts zufrieden. Jürgen Mehlem ist einer von ihnen. Vor Jahren hat er sich bei einer Erbschaftssache von einem Partneranwalt seiner Rechtsschutzversicherung beraten lassen. Auch er war am Ende zufrieden.
Aber: Bei den selbst ausgewählten Anwälten ist die Zufriedenheitsquote noch höher. Knapp 77 Prozent der Umfrageteilnehmer fanden den Rechtsrat der von ihnen selbst ausgesuchten Anwälte gut. Repräsentativ ist das Ergebnis allerdings nicht.
Partneranwälte mit „wenig Biss“
Waren Klienten mit den Partneranwälten der Versicherung unzufrieden, brachten sie das deutlich zum Ausdruck. Hier einige Auszüge aus den Kommentaren:
„Der von der Rechtsschutzversicherung empfohlene Rechtsanwalt hatte für mein Empfinden zu wenig Biss“, „Hatte den Eindruck, der hängt mit der Versicherung zusammen und ist nicht unabhängig“, „Hatte immer das Gefühl, mein Fall sei nur Peanuts“, „Kein Engagement in der Sache“, „Kurz angebunden“, „Nicht ernsthaft um unser Anliegen bemüht“.
Ein Grund für das mangelnde Engagement könnte die Bezahlung der Partneranwälte sein. Die Versicherungsgesellschaften vereinbaren mit den Anwälten Pauschalen am unteren Gebührenrand. Sich darauf einzulassen kann für Rechtsanwälte lohnend sein, wenn die Kanzlei noch nicht ausgelastet ist.
Recht auf freie Anwaltswahl

Bei einfachen und schnell zu erledigenden Rechtssachen machen die Anwälte auch mit den niedrigen Pauschalen noch ihren Schnitt. Für schwierige und zeitintensive Fälle ist die Bezahlung hingegen schlecht. Das wirkt sich möglicherweise auf die Motivation der Anwälte aus und führt zu Mandantenkommentaren wie „wenig Biss“ und „kein Engagement“.
Jürgen Mehlem hat der Empfehlung nicht blind vertraut. Nachdem er mit dem Versicherer telefoniert hatte, schaute er sich den empfohlenen Anwalt im Internet erst einmal genauer an.
Erst nachdem Mehlem dort gelesen hatte, dass es sich tatsächlich um einen Fachanwalt für Erbrecht handelt, ging er auf die Empfehlung ein.
Niemand sollte sich von seinem Rechtsschutzversicherer unter Druck setzen lassen. Versicherungskunden können nicht gezwungen werden, auf die Empfehlung einzugehen. Sie haben das Recht, sich ihren Anwalt frei auszuwählen.
*Name von der Redaktion geändert